Nach der Beendigung des Atomstreits mit dem Iran und der Aufhebung der Sanktionen gegen den Staat am Persischen Golf, ergeben sich für deutsche Unternehmen exzellente Chancen.

Am 16. Januar 2016 geben die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif in Teheran bekannt, dass nach der Umsetzung der wichtigsten Forderungen alle Sanktionen der EU und der USA, die bis dato in Kraft waren, aufgehoben sind, die im Laufe der letzten zehn Jahre nach und nach eingeführt wurden. Vor wenigen Tagen wurde dann noch ein amerikanischer Journalist freigelassen, den man wegen Spionae verurteilt hatte. Nun ergeben sich für Unternehmen große Chancen auf interessante Geschäfte. Immerhin leben etwa 80 Millionen Menschen dort, ein großer Teil (ca. 40%) unter 25 Jahre.

Dabei lebten die Iraner in den vergangenen Jahren nicht etwa hinter dem Mond. Die wichtigsten Produkte waren zwar sehr teuer, aber zu kaufen, bis hin zu modernen Smartphones. Den Schmugglern rund um den Perschischen Golf sei Dank. Im Gegenzug importierten diese Ziegen, Schafe und Öl. Nach der Einführung der Sanktionen wendete sich der Iran immer mehr China zu, die dankbare Abnehmer des iranischen Öls waren und auch gerne Waren ins ehemalige Persien lieferten. Nun kann das geförderte Erdöl und Erdgas auch wieder in den Westen geliefert werden, was den Ölpreis sicher nicht wieder steigen lässt (siehe Artikel Der Ölpreis und seine Folgen für den Mittleren Osten). Zu einem gewissen Grad ist die Erwartung, dass auch der Iran wieder Erdöl liefert, bereits in die niedrigen Notierungen eingepreist. Immerhin verfügt der Iran über die zweitgrößten Erdgasreserven und die viertgrößten Erdölreserven aller Länder weltweit und liegt bei der Förderung unter den fünf Nationen mit den niedrigsten Kosten.

Deutsche Firmen waren auch schon vor den Sanktionen recht beliebt im Iran und genießen einen außerordentlich guten Ruf. Wer also jetzt die Chance schnell nutzt und Kontakte dorthin knüpft bzw. wieder aufnimmt, dem winken gute Geschäfte. Beste Aussichten haben wohl Maschinenbauer, Automobilfirmen inklusive Zulieferer, Energieanlagenbauer, Firmen aus der Gesundheitsbranche und Baustofflieferanten. Auch Ersatzteillieferanten der oben genannten Branchen sollten ihre Fühler ausstrecken, da in vielen Fabriken Nachholbedarf besteht und dringend Ersatzteile und Verbrauchsmaterialien gesucht werden. Auch in den Branchen, die in den vergangenen Jahren zwar gut versorgt wurden, könnten gute Preise Türen öffnen. Auch wenn bestimmte Produkte im Land verfügbar waren, dann oft zu überhöhten Preisen. Auch die Agrarindustrie sollte abklären, inwieweit der Iran als Ersatz für das Russlandgeschäft herhalten kann.

Bereits in der vergangenen Woche reiste eine Delegation deutscher Unternehmer und führender Industrievertreter zusammen mit dem Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder in den Iran, sicher nicht nur, um touristische Ziele anzusteuern oder das leckere Essen zu genießen. A propos Tourismus: nach den Jahren der Sanktionen kann es mitunter auch schwierig sein, adäquate Unterkünfte im Iran über die gewohnten Hotelportale und Reisebüros zu finden.

Wer im Iran eine rein männerdominierte Industrie erwartet, wird überrascht sein. Nicht nur das Bildungsniveau der jungen Männer ist exzellent, sondern auch das der Frauen. Und sie haben sich bis in hohe Positionen der Wirtschaft vorgearbeitet.

Bei aller Euphorie sollten jedoch auch die Risiken bedacht werden. Nicht jede Firma dort ist ein zuverlässiger Zahler und so manch einer wird sein Heil in der Flucht nach vorne suchen. Der erste Partner ist also nicht notwendigerweise der beste Partner. So ist das immer im Leben, aber in so einem Fall besonders. Auch kann der Traum von einer goldenen Zukunft schnell wieder vorbei sein, wenn festgestellt würde, dass der atomare Rückzug nur vorgetäuscht war oder dass man sich wieder in die entgegengesetzte Richtung bewegt. Ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden sollte, dass ein Großteil der Firmen in den Jahren seit der islamischen Revolution in den Besitz der Mullahs übergegangen ist. Diese waren in der Zeit seit der Machtübernahme von Ministerpräsident Rohani schon fast aufreizend zurückhaltend. Glaubt man Israel, ist das Ganze eh eine einzige Katastrophe und der Iran gefährlicher denn je. Dort geht man davon aus, dass Teheran den Terrorismus in der Welt anheizen wird und auch sein Atomwaffenprogramm längst nicht aufgegeben hat. Außerdem fühlen sie sich als primäres Ziel eventueller iranischer Aggressionen.

Also: Chancen ja, aber die Risiken nicht ausblenden.